Schulunterricht an einer Grundschule in Bayern am ersten Schultag nach den Sommerferien am 12.09.2023.
Bildrechte: picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON

Schulunterricht an einer Grundschule in Bayern am ersten Schultag nach den Sommerferien am 12.09.2023.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Pisa-Reaktion: Mehr Mathe und Deutsch an Bayerns Grundschulen

Als Reaktion auf die jüngsten Ergebnisse der PISA-Studie baut Bayerns Kultusministerin Anna Stolz den Stundenplan in der Grundschule um: Künftig soll es in Bayern pro Woche mehr Unterricht in Deutsch geben und teils auch in Mathe.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Eine Stunde mehr Deutschunterricht pro Woche für alle Jahrgangsstufen sowie eine Stunde mehr Mathematik in der ersten und in der vierten Klasse: Das hat Bayerns Kultusministerin Anna Stolz von den Freien Wählern angekündigt – als Reaktion auf das schlechte Abschneiden bei der jüngsten Pisa-Studie.

"Lesen, Schreiben, Rechnen ist das Wichtigste, was unsere Schülerinnen und Schüler können müssen", sagte Stolz zur Begründung. In den vergangenen Wochen habe sie viele Gespräche mit Mitgliedern der Schulfamilie und der Wissenschaft geführt und intensiv an einem Maßnahmenpaket gearbeitet.

Mehr individuelle Förderung – vor allem beim Lesen

Neben mehr Deutsch- und Matheunterricht sollen alle Kinder stärker individuell gefördert werden. Dafür will Stolz verbindliche Lesescreenings einführen, "um den Lehrkräften noch besser Aufschluss über Lesefähigkeiten zu geben und eine genauere Diagnose zu ermöglichen". Laut Ministerium sind außerdem zielgerichtete Lehrerfortbildungen, Unterrichtsmaterialien und eine Stärkung der frühkindlichen Sprachförderung in dem Maßnahmenpaket vorgesehen.

"Innerhalb dieses festen Rahmens bekommen die Schulen aber auch zusätzliche pädagogische Freiräume", sagte Kultusministerin Stolz. "Schließlich sind die Lehrkräfte die Profis vor Ort, die ihre Schülerinnen und Schüler am besten kennen."

Wo gekürzt wird, ist noch nicht bekannt

Die Änderungen wirken sich auch auf die Wochenstundenzahl aus: Die erste Klasse bekommt eine Wochenstunde mehr, die vierte eine weniger. Damit gibt es künftig in den Jahrgangsstufen eins und zwei einheitlich 24 Stunden und in den Jahrgangsstufen drei und vier einheitlich 28 Stunden Unterricht pro Woche.

Unterm Strich soll es aber nicht mehr Unterrichtsstunden an den Grundschulen geben – es soll also an anderer Stelle gekürzt werden. Wo genau, ist noch offen. Aus Sicht von Stolz sollten die Lehrpläne wieder auf das Wesentliche konzentriert werden: "Wir müssen den Mut haben, Prioritäten zu setzen und auch Neues zu wagen."

BLLV lobt flexiblen Rahmen – hat aber noch Fragen

Lob für die Pläne kommt vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV): "Jawoll! Genau so muss modernes Management von Schule aussehen", schrieb Präsidentin Simone Fleischmann. Das Kultusministerium gebe damit einen Rahmen vor, in dem die Schulleitungen vor Ort flexibel agieren könnten.

Auf Nachfrage von BR24 bestätigte ein Ministeriumssprecher, dass das Kultusministerium den Schulen Spielraum lässt, wie sie den Stundenplan umbauen. Allerdings werde es eine Liste an Fächern geben, "die nicht angetastet werden dürfen". Welche das sind, werde im Augenblick erarbeitet. Diese Herangehensweise erkenne an, "dass die Profis die Kolleginnen und Kollegen sind, die dann mit den entsprechenden Voraussetzungen in diesem gegebenen Rahmen handeln können", lobte Fleischmann.

Es gebe aber durchaus noch Fragen zu klären. So brauche es zwar dringend einen Fokus auf die Kernkompetenzen, aber eben auch auf ganzheitliche Bildung, die so viel mehr sei als nur Deutsch und Mathematik. Außerdem fragt Fleischmann: "Wo sollen denn nun all die Grundschullehrkräfte herkommen, die all diese Aufgaben übernehmen?" Schließlich gebe es noch immer einen Lehrkräftemangel, der zu Unterrichtsausfällen an den Grundschulen führt und die Lehrerinnen und Lehrer enorm strapaziert.

Einführung zum kommenden Schuljahr

Der neue Stundenplan soll bereits zum kommenden Schuljahr 2024/2025 umgesetzt werden. In den nächsten Wochen soll sich laut Kultusministerium das bayerische Kabinett damit befassen und die Schulordnung entsprechend anpassen. Da Ministerpräsident Söder jüngst ähnliche Schritte gefordert hatte, kann davon ausgegangen werden, dass die CSU den Vorschlägen der Freien-Wähler-Ministerin Stolz nicht im Wege steht.

Zum Zankapfel könnte werden, welche Unterrichtsfächer vom Kultusministerium als flexibel eingestuft werden. Dass zum Beispiel der Religionsunterricht angetastet würde, dürfte mit Ministerpräsident Söder nicht zu machen sein.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!