Bayerischer Landtag
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Schulterschluss der Landtagsfraktionen gegen rechts

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Demos gegen rechts: SPD und Grüne dabei, Aiwanger spottet

Zu Demos gegen rechts werden in Bayern am Wochenende Tausende erwartet. Auch mehrere bayerische Spitzenpolitiker wollen teilnehmen. Kritisch äußert sich derweil neben der AfD auch Vize-Ministerpräsident Aiwanger. Er demonstriert lieber anderswo.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Offiziell aufrufen wollen die Parteien nicht zu den Demonstrationen, die unter dem Motto "Gemeinsam gegen rechts - für Demokratie und Vielfalt" am Wochenende in verschiedenen bayerischen Städten stattfinden. Neben Gewerkschaften und Vereinen haben nur deren Jugendorganisationen, zum Beispiel die Jusos, Linksjugend und Grüne Jugend, den Aufruf unterzeichnet. Die Parteien selbst sind nicht zu finden.

Demos in Deutschland: Landtagsfraktionen beziehen Stellung

Deshalb kann auch Klaus Holetschek, CSU-Fraktionschef, nicht genau sagen, wer "von der Fraktion bei der Demo alles dabei ist". Aber eine Haltung, die gebe es in der Fraktion auf jeden Fall, betont er am Rande der Fraktionsklausur auf Kloster Banz. Die demokratischen Parteien müssten zusammenstehen, "deutlich Flagge zeigen".

Holetschek sagt dies mit Blick auf eine Demonstration in München, zu der rund 30.000 Menschen erwartet werden. Ähnliche Demonstrationen finden gerade in vielen Städten deutschlandweit statt – als Reaktion auf die jüngsten Recherchen von "Correctiv". Das Medienhaus hatte ein Treffen zwischen rechten Aktivisten und Politikern von AfD und CDU in Potsdam enthüllt, bei dem unter anderem die Forderung nach der Vertreibung von Millionen Bundesbürgern laut wurde.

Freie Wähler-Fraktion: "Rote Linie überschritten"

Geradezu "erleichtert", dass so viele Menschen "gegen rechts" auf die Straße gehen, zeigt sich Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende von den Grünen. Sie empfinde, dass die Demokratie derzeit "im Feuer" stehe: "Die Demokratie-Feinde greifen unsere Art zu leben an." Sie selbst werde am Sonntag vor Ort sein, genauso wie ihr Kollege von der SPD, der Fraktionsvorsitzende Florian von Brunn. Auch er bestätigt dem BR, dass er kommen wird.

Die Freien Wähler "begrüßen", dass viele Menschen das Bedürfnis verspüren "gegen rechts" aufzustehen. Einzelne FW-Abgeordnete würden "selbstverständlich in München teilnehmen", schreibt Fraktionschef Florian Streibl auf BR-Anfrage. Mit den Forderungen nach einer massenhaften Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund sei "eine rote Linie überschritten."

FW-Chef protestiert auch, aber nicht gegen rechts

Doch hat Streibl mit seiner Aussage die ganze Fraktion hinter sich? Einer, der in der vergangenen Woche, als Landwirte und Spediteure auf die Straße gingen, von Demo zu Demo eilte, ist der stellvertretende bayerische Ministerpräsident, Hubert Aiwanger. Auch an diesem Wochenende will er wieder protestieren - aber nicht gegen rechts: Im baden-württembergischen Ellwangen will er ein Zeichen "gegen die Ampel" setzen und für "Bauern, Handwerker, Mittelstand, Jäger, Waldbesitzer, Fischer, Freiberufler, Arbeiter, Beamte, Pflege, Steuerzahler, Rentner", wie er schreibt.

Der Demo gegen rechts kann der Freie-Wähler-Chef nichts abgewinnen. Auf dem Kurznachrichtendienst X setzt er sie gleich mit einer Veranstaltung, die vergangene Woche zum Jahrestag der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin stattfand und auf der linksextreme Aktivisten zwei Dutzend Polizisten verletzt hatten.

"Frage für Ihre Kollegen": Aiwanger antwortet auf Polizisten-Tweet

Auf die Frage eines Polizisten und Grünen-Parteimitglieds, ob Aiwanger "denn auch auf einer Demo gegen Rechtsextremismus sprechen" wolle, twittert Aiwanger: "Sie meinen dort, wo 21 Polizisten von linken Demonstranten verletzt wurden? Frage für Ihre Kollegen."

Dringlichkeitsantrag im Landtag soll sich mit AfD befassen

Wenn aber die Vorsitzenden der Fraktionen über die "Gegen-rechts-Demos" reden, kommen sie schnell auf die AfD zu sprechen. Holetschek jedenfalls meint es ernst. Er will, gemeinsam mit Freien Wählern, SPD und Grünen, einen Dringlichkeitsantrag in die kommende Landtagssitzung einbringen. Der soll sich mit der AfD befassen - unter anderem infolge einer BR-Recherche am Rande des AfD-Parteitags vergangenes Wochenende: Eine geplante Delegitimation der Landtagspräsidentin sowie rechte Parolen von unter anderem AfD-Abgeordneten in einer Gredinger Diskothek sorgten für Schlagzeilen. "Die demokratischen Parteien müssen jetzt zusammenstehen", sagt Holetschek.

Sich gemeinsam "unterhaken", den Schulterschluss suchen, sich nicht "auseinanderdividieren" lassen - das hält auch Katharina Schulze von den Grünen für notwendig. "Herr Holetschek hat uns kontaktiert. Wir sind jetzt in der Diskussion bezüglich der genauen Formulierung des Dringlichkeitsantrags." Auch SPD-Fraktionschef Florian von Brunn findet einen solchen Antrag "gut". Die Freien Wähler schreiben auf BR-Anfrage, sie hätten bislang noch nichts von der CSU-Fraktion gehört. "Aber grundsätzlich sind wir natürlich offen, mittels Dringlichkeitsantrag gemeinsam gegen rechtes Gedankengut und menschenverachtende Hetze vorzugehen."

AfD-Fraktion: "Bundesweit konstruierte Aktion"

Die AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag bezeichnet den gemeinsamen Dringlichkeitsantrag als "Missbrauch des Antragsrechts". Der Landtag sei dazu da, um die Regierung zu kontrollieren. "Nicht, um im Auftrag der Regierung die Opposition zu bewerten."

Die deutschlandweiten Demonstrationen seien eine vom "politischen Gegner bundesweit konstruierte Aktion". Die Zehntausenden protestierenden Menschen auf Deutschlands Straßen bezeichnet der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Richard Graupner auf einer Pressekonferenz zum Abschluss der AfD-Klausur in Schweinfurt als "sogenannte Zivilgesellschaft". In Wirklichkeit, so Graupner, handle es sich um "Vorfeldorganisationen der etablierten Parteien". Die stellten nicht die tatsächliche Zivilgesellschaft dar, sondern würden lediglich "als solche verkauft".

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