Überwachungskamera vor Huawei-Zenterale
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Huawei und 5G

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Huawei und 5G - Einfallstor für Spione und Hacker?

Das chinesische Unternehmen Huawei baut noch immer mit am neuen Mobilfunknetz in Deutschland. 5G könnte so Hacking und Spionage durch China begünstigen. Wie sicher sind unsere Daten und das deutsche Handynetz?

Über dieses Thema berichtet: Wirtschaft am .

Seit Jahren hört man von den Mobilfunkkonzernen, dass uns 5G alle ins digitale Wunderland katapultieren wird. 2024 nimmt dieses neue superschnelle Netz langsam Gestalt an. Die Versorgung mit 5G in Deutschland ist laut Bundesnetzagentur bei rund 90 Prozent angekommen. Das heißt: Auf 90 Prozent der Fläche gibt es mindestens einen Anbieter, der dort schon mit 5G funkt, etwa die Deutsche Telekom, O2 Telefónica oder Vodafone.

Der ARD-Podcast Plusminus hat eine aufwändige Recherche zu 5G und den drohenden Gefahren aus China durchgeführt. Die Ergebnisse kann man hier mit Anna Planken und David Ahlf hören.

So ziemlich jede Zukunftstechnologie braucht 5G

Wobei vor allem die Wirtschaft sehnsüchtig auf das neue Netz wartet. Automatisierte Fabriken, autonom fahrende Autos, smarte Städte mit vernetzten Ampeln, die auf den Verkehr reagieren und Heizungen, die merken, ob überhaupt Menschen im Gebäude sind … so ziemlich alle Zukunftstechnologien hängen davon ab, ob es Datenverbindungen gibt, die schnell, massenhaft verfügbar und zu 100 Prozent stabil sind.

Huawei – ein Konzern wird verdächtigt

In puncto Sicherheit gibt es derzeit allerdings große Zweifel. Denn beim Aufbau der 5G-Netze in Deutschland kommt viel chinesische Technik zum Einsatz, insbesondere die von Huawei. Dieser Konzern steht im Verdacht, für das Regime in Peking zu spionieren. Ein anderer Vorwurf: Huawei soll in die Technik, die es nach Deutschland liefert, sogenannte Backdoors einbauen, also Hintertüren, durch die chinesische Hacker marschieren können.

Experten sagen, China ist nicht Teil der Nato, das Land hat – vorsichtig formuliert – eine ganz eigene politische Agenda. Und chinesische Unternehmen müssen diese Agenda im Zweifelsfall unterstützen. Man kann deshalb auch nicht wirklich trennen zwischen einem Großkonzern wie Huawei und dem Regime in Peking. Die Sinologin Janka Oertel vom European Council on Foreign Relations erklärt, Peking habe sowas wie ein Durchgriffsrecht auf Unternehmen und nutze dieses auch aus.

Peking positioniert Hacker gegen den Westen

Es gibt zudem Berichte über Hacker-Armeen. IT-Experten werden in China demnach darauf trainiert, westliche Unternehmen und Einrichtungen zu attackieren. Im 40 Quadratkilometer großen Nationalen Cybersecurity Center im zentralchinesischen Wuhan gibt es angeblich ein solches Ausbildungslager.

Eine wichtige Rolle in Pekings Hacking-Strategie spielt eine Verordnung, die besagt, dass in anderen Ländern neu entdeckte Software-Schwachstellen unbedingt sofort zu Hause gemeldet werden müssen. So müsste also zum Beispiel Huawei, wenn es eine Schwachstelle im 5G-Netz der Deutschen Telekom entdeckt, diese zuerst an eine chinesische Behörde melden, bevor es der Telekom sagen dürfte, "Hej Leute, wir haben da bei euch ein Problem entdeckt." Auf diese Art bekommen chinesische Hacker Zeit, Schadcode einzuschleusen.

Angst vor Spionage und Sabotage via 5G

China-Kritiker haben vor allem vor zwei Szenarien Angst. Zum einen könnte Huaweis 5G-Technik vom Regime in Peking für Spionage genutzt werden. Zum anderen befürchtet man, dass China in einem Ernstfall 5G-Komponenten von Huawei nutzen könnte, um unsere gesamte Mobilfunk-Kommunikation lahmzulegen. Beides wäre extrem problematisch.

Bei Spionage könnten wichtige Geheimnisse von deutschen Unternehmen abgegriffen werden. Im schlimmsten Fall sind die Firmen damit ruiniert. Bei Sabotage könnte unsere gesamte Infrastruktur Schaden nehmen, denn die Telekommunikationsnetze sind die Basis für viele andere Anwendungen.

Andere EU-Staaten bauen 5G komplett ohne Huawei

Andere europäische Staaten sind deutlich zurückhaltender, was chinesische 5G-Technik angeht. Es gibt Statistiken, wonach Deutschland knapp 60 Prozent seiner Antennen-Infrastruktur von nicht vertrauenswürdigen Zulieferern hat aufbauen lassen.

In Österreich ist es in etwa genauso viel. In Frankreich dagegen ist nur in 17 Prozent der 5G-Netze chinesische Technik enthalten. In Tschechien, Dänemark, Schweden und Estland liegt der Anteil bei null Prozent.

Huawei ist schnell, günstig und gut

Aber warum lassen sich die deutschen Telefonnetzbetreiber überhaupt auf Huawei ein und kaufen nicht einfach die Technik bei europäischen Ausrüstern wie Nokia und Ericsson? Wer sich bei den Mobilfunkgesellschaften umhört, erfährt, dass Huawei nicht nur günstig ist, sondern auch schnell und zuverlässig liefert. Es gibt demnach weniger Verzögerungen als bei anderen Zulieferern. Während der Corona-Pandemie schaffte es Huawei mit Einfallsreichtum, schneller zu sein. So wurde in Transport-Kisten die Mobilfunktechnik mit Corona-Masken dick ausgepolstert. Auf diese Art bekamen die Handymasten Vorrang beim Transport. Schnelligkeit zählt für die Mobilfunknetzbetreiber – denn sie sollen ja das 5G-Netz möglichst schon gestern aufgebaut haben.

Außerdem ist Huawei-Technik angeblich oft besser, zum Beispiel wenn es um die Energie-Effizienz geht. Die Huawei-Antennen brauchen im Alltags-Betrieb weniger Strom. Für die O2s und Telekoms ebenfalls ein sehr wichtiges Argument – gerade in Zeiten, in denen Energie-Sparen oberstes Prinzip ist.

Diese verschiedenen Vorteile haben dazu geführt, dass sich die Netzbetreiber ihre Technik immer wieder bei Huawei besorgt haben – trotz aller politischen Bedenken. Zumal es in Deutschland und in Europa kein striktes Verbot für Huawei beim 5G-Aufbau gab.

Und was macht die Bundesregierung?

In Deutschland findet die Ampel-Koalition bis heute keine klare Linie zum Thema. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte im Herbst 2023 einen Vorstoß gewagt. Sie wollte, dass ab 2026 nur noch ein Viertel der Bauteile bei den Sendeanlagen von chinesischen Herstellern kommt. In manchen Regionen Deutschlands sollten Huawei und der andere chinesische Anbieter ZTE sogar komplett ausgeschlossen werden, zum Beispiel in Berlin oder in der Region Köln-Bonn.

Wäre Faesers Papier von der Bundesregierung angenommen worden, dann wäre das ein deutlicher Einschnitt für Huawei gewesen. In der Mobilfunkbranche war man aber "not amused" - es gab Manager, die regelrecht tobten. Dass sie jetzt Funkmasten wieder austauschen sollten, nur weil Huawei draufsteht, wollten sie nicht akzeptieren. O2 Telefonica drohte sogar offen mit Schadenersatzforderung gegenüber dem Bund, sollte man dazu gezwungen werden, 5G-Komponenten von Huawei wieder auszubauen.

Wissing stellt sich gegen Faeser

Allerdings konnte sich die Innenministerin offenbar nicht durchsetzen. Verkehrs- und Digitalminister Volker Wissing (FDP) war angeblich gegen Einschränkungen beim Einsatz von Mobilfunktechnik aus China.

Die Ampelregierung tut sich allem Anschein nach also nicht leicht, eine Entscheidung zu treffen. In der Branche ist zu hören, dass nun im Sommer verkünden werden soll, wie man hierzulande beim Aufbau des 5G-Netzes weiter verfährt. Dabei wird sich die Regierung mit ihrer Entscheidung – egal wie sie ausfällt – wohl neuen Ärger einhandeln. Entweder sie verärgert die Mobilfunkindustrie und den chinesischen Staat, wenn sie Huawei ausschließt und dabei riskiert, beim 5G-Ausbau deutlich zurückzufallen (wie das Beispiel London gezeigt hat). Oder sie lässt Huawei weiter gewähren und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie chinesischen Hackern in Deutschland weiter die Türe aufhält.

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