Gäste sitzen auf der Terrasse des Brünnsteinhauses auf 1.342 Metern.
Bildrechte: BR/Alex Brutscher

Gäste genießen den Ausblick am Brünnsteinhaus oberhalb von Oberaudorf

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Hüttenessen: Müssen wir unsere Ansprüche runterschrauben?

Berghütte und Kaiserschmarrn – das gehört zusammen. Müssen Gäste am Berg angesichts hoher Kosten besonders für Lebensmittel ihre Ansprüche runterschrauben? Oder heißt es: Zurück zur einfachen Küche?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Nach einem verregneten Mai hatten Berggeher in den vergangenen Wochen richtig Glück mit dem Wetter. Und was gibt es nach einem anstrengenden Aufstieg Schöneres als eine ordentliche Mahlzeit? Allerdings kann es einem mancherorts nicht nur beim Blick nach unten, sondern auch beim Blick auf die Speisekarte schwindlig werden. Die Preise haben mitunter schon fast das Niveau gehobener Küche im Tal.

Kein Wunder: Pächter haben mit gestiegenen Kosten zu kämpfen. Sind Kopfsalat, Schnitzel und Semmel auf der Berghütte da noch sinnvoll? Oder heißt es: Zurück zur einfachen Küche? Und die wichtigste Frage: Was ist mit dem Kaiserschmarrn?

Ressourcen schonen, Aufwand klein halten

Auf 1.342 Metern kocht der Wirt selbst. Sepp Tremml und seine Frau Yvonne bewirten das Brünnsteinhaus oberhalb von Oberaudorf seit fünfeinhalb Jahren. Von Anfang an mit Hausmannskost, wie Sepp sagt: "Wir haben einfaches Essen. Wir haben Kaspressknödel, wir haben Hüttennudeln, wir haben Linsensuppen, bei uns gibt's Gulasch. Wir sagen einfach: Das langt uns."

Sie fahren alles mit dem Auto zur Hütte. Allerdings sind die Kosten für Benzin, Personal und Energie gestiegen, Lebensmittel sind besonders teuer geworden. Zudem müsse man wegen des Klimawandels mit dem knappen Wasser haushalten. Deshalb lautet hier oben die Devise: Aufwand klein halten. Kopfsalat, Schnitzel und Pommes sucht man auf der Karte vergeblich.

"Für mich ist jedes Essen Luxus, das es auf der Berghütte gibt. Weil das alles raufgetragen oder raufgefahren werden muss", sagt eine Besucherin. Eine andere genieße es auch, dass es auf anderen Hütten raffiniertes Essen, mit Menüs und ausgefalleneren Gerichten gibt, aber mit einem einfachen, guten Essen sei sie genauso zufrieden.

Experte glaubt an Trend zur Reduktion bei Hütten

Generell werde es bei Hütten künftig in Richtung Reduktion gehen, glaubt Georg Oberlohr. Er war viele Jahre Wirt der Stüdlhütte am Großglockner und ist jetzt Berater für Hüttenmanagement. Er glaubt, dass die Ausstattung der Hütten künftig einfacher wird. Gründe dafür seien fehlende Energieversorgung, gestiegene Anforderungen an Abwasseranlagen, Wasserknappheit. "Und das wird sich auch im Speiseangebot niederschlagen. Ich denke, es wird wieder einfachere Gerichte geben", sagt Oberlohr. Die Auswahl könnte kleiner werden. Dafür solle man hochwertige Grundprodukte haben, um Topgerichte zu produzieren, "aber auf der einfachen und regionalen Schiene", meint der Hüttenmanager.

Deutscher Alpenverein: "Wieder daran gewöhnen, dass man auf Berghütte ist"

Künftig müsse man auch als Gast sein Verhalten auf Hütten ändern, glaubt Gerhard Wagner von der DAV Sektion Oberland. Die Bergsteigerinnen und Bergsteiger müssten sich ihm zufolge wieder daran gewöhnen, dass sie auf einer Berghütte sind. "Allein die Erwartung zu sagen: Ich find da oben einen Standard vor, den ich aus dem Tal gewöhnt bin, ist einfach falsch", sagt Wagner. Man müsse Verständnis dafür haben, dass man abends um zehn nicht nochmal frisches Essen bekomme und nicht alles jederzeit so abrufbar sei wie im Tal. Lebensmittel und Energie seien extrem teuer geworden, auch Personal zu finden sei schwierig und nicht billig. "Ein qualitatives, einfaches, regionales Essen, ein übersichtliches Speisekartenkonzept, eine kleine Speisekarte mit guten Angeboten ist mit Sicherheit ein Weg, dieses Problem zu lösen", sagt Wagner.

DAV will Pächtern bei der Speisekarte nichts vorschreiben

Auch sein Kollege von der DAV-Sektion München, Thomas Gesell, setzt auf nachhaltiges Essen. Er ist dafür, "dass man auf Regionalität der Rohprodukte achtet, dass man auf Frische achtet, aber wir würden den Pächtern niemals vorschreiben, was sie zu machen haben, weil das ist ja die Seele des Gastronomen." Der müsse sich ja letztendlich auch über das, was er macht und wie er es macht, profilieren.

Das sieht Sebastian Lohrmann ähnlich. Er ist der Wirt der Priener Hütte in den Chiemgauer Alpen. "Wir selber wollen es einfach halten, einfache gute Gerichte." Mit diesem Vorsatz seien sie hier hochgekommen. Allerdings würden immer wieder Köche bei ihnen arbeiten, die "sich in der Speise verwirklichen wollen" und da schränke man sie nicht allzu sehr ein. "Wir genießen das auch, wenn die was Tolles herzaubern", sagt Lohrmann.

K-Frage treibt Gäste um

Zurück am Brünnsteinhaus. Ein Gericht gibt es dort schon, das von den Gästen schmerzlich vermisst wird: der Kaiserschmarrn. "Da plagt man sich da rauf und dann gibt's den nicht", sagt einer. Der Hütten-Klassiker fehlt zwar nicht nur am Brünnsteinhaus auf der Speisekarte, auch auf anderen Hütten bekommt man ihn oft nicht. Aber hier oben hat die Frage danach sogar einen eigenen Namen. "Die K-Frage – der Kaiserschmarrn, der wird zwar immer wieder verlangt, aber den gibt's bei uns halt nicht."

Zu zeit- und personalintensiv, wenn man ihn frisch macht, sagen Wirt und Wirtin. "Wenn du einen richtigen Kaiserschmarrn machen willst, musst du den Teig frisch ansetzen, die Eier aufschlagen, du musst eigentlich jemanden komplett abstellen, der den Kaiserschmarrn macht", sagt Wirtin Yvonne Tremml. Das gehe sich zeitlich nicht aus, dass der Kaiserschmarrn frisch gemacht wird und nebenbei die anderen Gerichte. Zudem sei in der Küche auch nicht genug Platz und einen Tiefkühl-Kaiserschmarren wollen sie auch nicht anbieten. Dafür können sie eine andere K-Frage mit Ja beantworten – nämlich die nach Kuchen.

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