Zwei junge Katzen liegen in einem Käfig.
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Die Lage sei "so schlimm wie noch nie". Jungkatzen überfluten Tierhilfen und -heime allerorts. Der Grund sind unkastrierte Katzen.

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Forderung nach einheitlicher Kastrationspflicht wird lauter

Die Lage sei "so schlimm wie noch nie". Jungkatzen überfluten Tierhilfen und -heime allerorts. Der Grund sind unkastrierte Katzen. Die Forderung nach einer einheitlichen Kastrationspflicht wird immer lauter. Ein Beispiel aus Passau.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Lange unbemerkt nisten sich heimlich bei Waldkirchen im Landkreis Freyung-Grafenau Katzen bei Thomas Schlabschi und seiner Frau ein. Drei große und vier kleine Kätzchen fühlen sich hier ganz zu Hause – wem sie gehören, ist nicht bekannt. Klar ist aber: Den Kleinen muss geholfen werden, sonst überleben sie nicht.

Katzen schon im Sommer "in flagranti" erwischt

Entdeckt hat die Familie die Katzen schon im Sommer, in flagranti bei der Paarung. "Da war auch schon die Befürchtung, dass der Besitzer der Katzen ungewollt Nachwuchs bekommt. Dass wir das dann werden sollten, war uns zu dem Zeitpunkt nicht klar", so Thomas Schlabschi.

Doch: Wie soll mit den Katzen umgegangen werden? Wohin mit ihnen? Und: Was tun, dass es beim nächsten Wurf nicht noch mehr werden?

Kein Platz mehr für neue Katzen

Unterstützt wurde die Familie von der Katzenhilfe Passau. Die vier Kätzchen sind nun vorerst in der "Villa Maunz" untergebracht, bis sie vermittelt werden können. Hier engagieren sich 30 Ehrenamtliche für mindestens genauso viele Katzen.

Die meisten Katzen in der "Villa Maunz" kommen von Leuten, die Katzen gefunden haben oder die ihre eigenen Katzen nicht mehr wollen. Es sind aber auch Tiere dabei, die das Team selbst gerettet hat. Doch in Passau - wie in nahezu jedem anderen Tierheim - ist einfach kein Platz mehr.

"So schlimm war die Lage noch nie"

Das bestätigt auch Gerlinde Michael, die Leiterin der Katzenhilfe. Seit 40 Jahren engagiert sie sich im Tierschutz, doch "so schlimm wie in diesem Jahr war die Lage noch nie". Was sie - und auch andere - fordern und entlasten würde, wäre: die sofortige Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von Katzen in ganz Bayern oder gar Deutschland.

Forderung nach Kastrationspflicht

Das durchzusetzen, versuchen sie schon seit über zehn Jahren. Unter anderem im Rahmen der "Aktion Merlin – für gesunde Katzen in Bayern". Federführend mit dabei ist Susanne Berlinger aus dem Landkreis Freyung-Grafenau: "Wir sind alle Katzenliebhaber und trotzdem sind wir um jede verhinderte Katze froh, weil es einfach zu viele sind. Die kommen schon todkrank auf die Welt. Die haben eigentlich null Überlebenschance." Und das, obwohl es Möglichkeiten gäbe.

Katzenschutzverordnung als mögliche Lösung

Eine dieser Möglichkeiten ist die Katzenschutzverordnung, die momentan in vier bayerischen Orten greift: in Aschaffenburg, Dachau, Laufen an der Salzach und Pfaffenhofen. Ab Januar 2024 sollen Denklingen, Egling an der Paar, Penzing und Utting am Ammersee folgen.

Konkret bedeutet die Schutzverordnung, dass die Halter von frei laufenden Katzen ihre Tiere kennzeichnen, registrieren und kastrieren müssen. Dadurch soll die Katzenpopulation in den Orten besser kontrolliert und das Leid der Tiere gemindert werden.

Hoher bürokratischer Aufwand

Doch laut Susanne Berlinger ist die Katzenschutzverordnung eine große Hürde, denn mit dem Ausfüllen eines Antrags sei es nicht erledigt. Über mehrere Jahre hinweg müssen Daten gesammelt werden. "Man muss genau nachweisen laut diesen Formularen, wo sind denn die Hotspots, dann muss man das Leiden und die Schmerzen der Tiere nachweisen. Wie sollte man das konkret nachweisen?", so Berlinger.

Kommunen und Landratsämter sind zuständig

In den Kreisen Passau und Freyung-Grafenau hat es mit örtlichen Politikern bereits Gespräche und Infoveranstaltungen zur Kastrationspflicht gegeben. Denn: Die Kommunen beziehungsweise die zuständigen Landratsämter sind verantwortlich, die Katzenschutzverordnung durchzusetzen. Doch passiert sei laut Susanne Berlinger noch nichts.

Gespräche wurden unter anderem mit dem Landratsamt Freyung-Grafenau gesucht. Auf BR24-Anfrage bestätigt ein Sprecher des Landratsamts, dass der Erlass der Katzenschutzverordnung an klare Voraussetzungen geknüpft sei, die auch wichtig sind. Die Formulare seien jedoch viel Aufwand für beide Seiten – Stadt und Organisation. Laut dem Sprecher hält das Landratsamt eine landes- oder sogar bundesweite Kastrationspflicht für erfolgversprechender als landesweite Vorschriften.

Thema auch im Landtag präsent

Laut Ruth Müller (SPD), Mitglied des Landtags für den Wahlkreis Niederbayern, hat sich der Bayerische Landtag schon häufig mit dem Problem der frei lebenden Katzen und der Kastration beschäftigt. Auf BR24-Anfrage sagte Müller, die momentane Regelung sei ausreichend. Die Landkreise könnten zwar handeln, doch die Einschätzungen, wann gehandelt werden sollte, gehen zwischen Kommunen, Tierschützern, Staatsregierung und Tierbesitzern weit auseinander.

Somit wäre laut Müller eine gesetzliche Grundlage - verpflichtend für alle Kommunen in Bayern - die bessere Lösung. "Da dies natürlich mit Kosten verbunden ist, ist die Bereitschaft von Seiten der Staatsregierung hier derzeit nicht groß. Dennoch sollte im Sinne des Tierschutzes, der auch im Grundgesetz verankert ist, gehandelt werden, um Tierleid einzudämmen und der ungebremsten Population entgegenzuwirken."

Andere Einstellung aus dem Bundestag

Johannes Schätzl (SPD), Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Passau, sagte BR24, dass er die bisherige Regelung der Katzenschutzverordnung im Regionalen vorteilhaft finde. "Da so im Einzelfall in besonders problematischen Situationen auf kommunaler Ebene reagiert werden kann." Eine generelle Kastrationspflicht halte er für kaum überprüfbar.

Zum Nachhören: Hilfe für Waisenkätzchen in der Villa Maunz

Gerlinde Michael von der Katzenhilfe Passau hält eine kleine Katze im Arm.
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Seit 40 Jahren engagiert sich Gerlinde Michael im Tierschutz

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