Hauptbahnhof München
Bildrechte: picture alliance / dpa | Sven Hoppe

Eine Frau und ein Mann gehen im Sonnenuntergang über einen Bahnsteig am Hauptbahnhof in München zu ihrem Zug (aufgenommen im Juni 2012).

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Tarifstreit bei der Bahn: Jetzt entscheiden die EVG-Mitglieder

Geht der Tarifstreit mit der Bahn bald zu Ende? Das liegt nun in der Hand der EVG-Mitglieder: Sie müssen über den Tarifvorschlag abstimmen. Der Bundesvorstand der Gewerkschaft hat sich am Abend dafür ausgesprochen, den Schlichterspruch anzunehmen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) empfiehlt ihren Mitgliedern, den Schlichterspruch im monatelangen Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn anzunehmen. Nun müssen die Gewerkschaftsmitglieder darüber abstimmen, ob sie ihn annehmen wollen.

Rund 110.000 EVG-Mitglieder sind in den nächsten Wochen dazu aufgerufen, per Urabstimmung über Annahme oder Ablehnung eines Kompromissvorschlags der Schlichter zu entscheiden. Die Schlichtung war nach den Ende Juni gescheiterten Tarifverhandlungen notwendig geworden.

Die Empfehlung des Bundesvorstands

Die Empfehlung des Gremiums zur Annahme des Schlichterspruchs erging nach mehreren Stunden und hitzigen Diskussionen am Freitagabend. "Die Diskussion war sehr ernsthaft, sehr intensiv und sehr verantwortungsbewusst", teilte EVG-Chef Martin Burkert am Freitagabend mit. "Diese Empfehlung für den Schlichterspruch hat Licht und Schatten, und dieser Kompromiss fiel uns schwer. Doch am Ende gab es ein klares Votum für die Einigungsempfehlung der Schlichtungskommission."

Die Einigung bedeute für einen Großteil der Belegschaft deutliche Verbesserungen. Burkert hat aber auch jene Bereiche im Auge, die nicht profitieren. Im BR-Interview machte er deutlich, genau diese Bereiche bei der nächsten Tarifrunde zu berücksichtigen.

Das sieht der Schlichterspruch vor

Das Schlichterteam, die Arbeitsrechtlerin Heide Pfarr (SPD) und der frühere Innen- und Verteidigungsminister Thomas de Maizière, hatte am Mittwoch eine Entgelterhöhung von 410 Euro pro Monat in zwei Stufen vorgeschlagen - bei einer Laufzeit von 25 Monaten. Die erste Stufe von 200 Euro soll im Dezember fällig werden, die zweite im August des kommenden Jahres. Zudem sollen alle Beschäftigten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von 2.850 Euro im Oktober ausgezahlt bekommen. Für einzelne Berufsgruppen gäbe es nach Ablauf der Laufzeit zudem strukturelle Erhöhungen in den Tariftabellen. Ihr Einkommen würde sich damit noch einmal deutlich erhöhen.

Die EVG war ursprünglich mit Forderungen von mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommensgruppen in die Verhandlungen gestartet. Die Laufzeit sollte nicht länger sein als zwölf Monate.

Wie es nun weiter geht

Für die Abstimmung erhält jedes stimmberechtigte Mitglied in den nächsten Tagen ein personalisiertes Schreiben mit einem QR-Code oder Link für die Online-Abstimmung. Eine Briefwahl wird es nicht geben. Die Briefe sollen bis spätestens zum 11. August alle zugestellt sein. Dann haben die Mitglieder zwei Wochen Zeit für die Stimmabgabe.

Am 28. August will die EVG das Ergebnis präsentieren. Üblicherweise stimmen Gewerkschaftsmitglieder bei einer Urabstimmung über unbefristete Streiks ab. Nun müssen sie formell zwar über den Schlichterspruch entscheiden. Doch eine Ablehnung wäre automatisch auch ein Votum für den Arbeitskampf ohne zeitliche Beschränkung.

Schlechte Stimmung in der Gewerkschaft

Der Ausgang der Urabstimmung ist offen. Die Stimmung ist dem Vernehmen nach gespalten, die Mitglieder sollen mit der Verhandlungsführung unzufrieden sein. Gewerkschaftskreisen zufolge haben sich bereits einige große Landesverbände skeptisch zum Schlichtervorschlag geäußert. Dieser ist, zumindest was Erhöhung und Laufzeit angeht, deutlich niedriger als das, was die Gewerkschaft einst gefordert hatte.

Ablehnung hätte weitreichende Folgen

Doch die Hürden für eine Ablehnung sind hoch: Mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Mitglieder müssten gegen den Schlichterspruch stimmen. Sollte das passieren, würde der Tarifstreit vollends eskalieren. Auf die Fahrgäste käme dann wohl ein chaotischer Spätsommer und Herbst mit unbefristeten Bahnstreiks zu. Für die EVG-Verhandlungsführer wäre eine Ablehnung zudem eine herbe Klatsche. Monatelang haben sie um den Kompromiss gerungen und sich am Ende klar dafür ausgesprochen. Sollten die Mitglieder ihnen nicht mit deutlicher Mehrheit folgen, würde das die Gewerkschaft vor eine harte Zerreißprobe stellen. Für weitere Verhandlungen wären das äußerst erschwerte Bedingungen.

Mit Informationen von Reuters und dpa.

Im Video: Bahn-Gewerkschaftsvorstand spricht sich für Schlichterspruch aus

Bahn-Gewerkschaftsvorstand spricht sich für Schlichterspruch aus
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2023
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Ein ICE fährt gleich ab.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!