Monteur beim Reifenwechsel
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Reifenwechsel: wann ist der richtige Zeitpunkt?

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Sommerreifen drauf, Aprilfrost - und jetzt?

"Von O bis O" - also von Oktober bis Ostern - gehören Winterreifen aufs Auto, sagt eine alte Faustregel. Doch was, wenn es schon vor Ostern "sommert" und hinterher wieder friert? Expertentipps zu Reifen, Rechtslage und dem Thema "Allwetterreifen".

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Beispiel Rosenheim: Wer hier kurz nach Ostern noch mit Winterreifen unterwegs war, der konnte sich angesichts des Temperaturrekords von 28,2 Grad am ersten Aprilsonntag fragen, ob seine Schneepneus bald dahinschmelzen. Also schnell in die Werkstatt und die Reifen wechseln - um zwei Wochen später bei prognostiziertem Nachtfrost wieder falsch bereift unterwegs zu sein.

"Von O bis O" ist keine Lösung

Im Rest von Bayern sieht es kaum anders aus. Die Faustregel "von O(ktober) bis O(stern)", die schon bisher mehr schlecht als recht funktionierte, weil Ostern in jedem Jahr anders fällt, wird durch die Extremwetterereignisse des Klimawandels allmählich o-bsolet. Und was jetzt?

Ein Patentrezept hat auch Michael Gebhardt vom ADAC nicht, der zugibt, von den letzten Wetterkapriolen selbst "kalt erwischt" worden zu sein. "Dann hilft nur der gesunde Menschenverstand: Reifen lieber später wechseln, danach Wettervorhersage beobachten und bei Nachtfrost das Auto in der Früh stehenlassen - Mittags ist es im April ja meist schon wieder eisfrei." Aber natürlich nützt es, die Verkehrsregeln und die Beschaffenheit der eigenen Reifen zu kennen.

"Situative Winterreifenpflicht" - was heißt das?

Die Rechtslage sieht in Deutschland so aus: Wenn "Glatteis, Schneeglätte, Eis- und Reifglätte" (Straßenverkehrsordnung, § 2 Absatz 3 a) herrschen, darf man seinen Pkw nur mit wintertauglichen Reifen fahren. "Situative Winterreifenpflicht" heißt das. Bei Missachtung, weiß der ADAC-Experte, droht ein Bußgeld von 60 Euro. Wer andere behindert, muss mit 80 Euro rechnen, und einen Punkt in Flensburg gibt's obendrauf.

Umgekehrt gibt es zwar keine "situative Sommerreifenpflicht". Wer also bei schönstem Maiwetter noch mit Winterreifen unterwegs ist, hat rein rechtlich nichts zu befürchten. "Zu beachten ist allerdings, dass sich bei Wärme wegen der weicheren Gummimischung der Bremsweg verlängern kann", so Michael Gebhardt. "Unsere Rechtsexperten weisen ausdrücklich darauf hin, dass es dann im Falle eines Unfalls zu Problemen mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung kommen kann." Zudem steigen der Verbrauch und mittelfristig auch der Verschleiß. Womit Winterreifen im Sommer so widersinnig sind, wie sich's anhört.

💡 Sommer- versus Winterreifen

Winterreifen werden aus einer weicheren Gummimischung gefertigt und verfügen über größere Spurrillen als Sommerreifen. Dadurch setzen sich Schnee und Matsch weniger fest. Abgesehen davon verfügen sie über bessere Bremseigenschaften als Sommerreifen, sobald die Temperatur einige Tage unter plus sieben Grad Celsius liegt. Ist das Wetter wärmer, empfehlen sich Sommerreifen: Deren Gummimischung und der breitere Oberflächenkontakt sorgen dann für bessere Lenk- und Bremseigenschaften und weniger Rollwiderstand, sprich: höhere Kraftstoffeffizienz und weniger Fahrgeräusch.

Allheilmittel Allwetterreifen?

"Sogenannte Ganzjahres- oder Allwetterreifen sind im Grunde ein Kompromiss aus Sommer- und (etwas mehr) Winterreifen," erklärt der ADAC-Experte. Wer viel und auch mal schnell fährt, sollte lieber einen doppelten Reifensatz vorhalten. Für Gelegenheits- und Stadtfahrer in schneearmen Lagen sind Allwetterreifen durchaus eine Option. Ob sich die Tauglichkeit durch die Materialforschung der letzten Jahren weiter verbessert hat? Da erwartet auch Gebhardt selbst mit Spannung die für Ende Juni geplante Auswertung eines neuen, großangelegten ADAC-Praxistests.

Nur wintersicher mit der Flocke

Neu ist ab Oktober 2024 jedenfalls die Rechtslage: Ab dann gelten nur noch Allwetterreifen als wintertauglich, die mit dem Symbol der "alpinen Schneeflocke" gekennzeichnet sind. Das bisher oft übliche M+S-Symbol hat keine Rechtskraft mehr.

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Mit diesem Symbol ist der Reifen winterfest

Der Trick mit dem Euro

Einen Vorteil hat das lästige zweimal-jährliche Date mit der Werkstatt oder dem eigenen Schraubenschlüssel (nebst fachgerechter Einlagerung) in jedem Fall: "Für viele Autofahrer sind die beiden Reifenwechsel die einzige Erinnerung daran, mal wieder den Reifendruck zu prüfen und die Profiltiefe zu kontrollieren. Wer Ganzjahresreifen fährt, sollte diese Checks keinesfalls vergessen."

Wer vorab schon mal prüfen will, ob die alten Reifen noch taugen oder - in der Regel alle sechs bis acht Jahre - ersetzt werden müssen, sollte die Reifen auf kleine Risse oder sonstige Anzeichen von Materialermüdung absuchen und das Profil testen. Sommerreifen sollten nach Empfehlung des ADAC mindestens 3 mm, Winterreifen 4 mm Profiltiefe haben. Dabei hilft eine Euro-Münze, die man ins Profil steckt. Verschwindet der drei Millimeter breite Goldrand darin, ist die Profiltiefe noch in Ordnung. Falls nicht, reicht ein Euro allein bald nicht mehr aus.

Video: BR24 Retro - Reifenwechsel anno 1964

Reifenwechseln im Studio
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alpha-retro: Kampf dem Plattfuß (1964)

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