Die Fraktionschefs von CSU und Freien Wählern, Klaus Holetschek (rechts) und Florian Streibl (links)
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Die Fraktionschefs von CSU und Freien Wählern, Klaus Holetschek (rechts) und Florian Streibl (links)

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"Offen und klar": Aussprache zwischen CSU und FW nach Streit

Die Parteichefs schweigen, die Fraktionsvorsitzenden fassen sich kurz: CSU und Freie Wähler haben bei ihrer Sondierung beschlossen, am Freitag Koalitionsverhandlungen zu starten. Auf Fragen zur Stimmung nach tagelangem Streit gibt es keine Antwort.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Drei Tage lang sprachen sie übereinander - und das nicht besonders freundlich. Jetzt reden CSU und Freie Wähler wieder miteinander: Zwei Stunden und 45 Minuten sondierten Delegationen beider Parteien am Mittag im Bayerischen Landtag hinter verschlossenen Türen. CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek berichtet anschließend, dass es die angekündigte Aussprache über Grundsätzliches gegeben habe - "gut, sehr offen und klar" sei sie gewesen. Dabei sei es auch "um die Frage von Respekt, Stil, dem Verständnis eines gemeinsamen Handelns für die Zukunft" gegangen.

Auch der Vorsitzende der Freie-Wähler-Fraktion, Florian Streibl, spricht von einer guten und deutlichen Aussprache. "Aber es war auch notwendig, dass man hier wieder zusammenkommt, dass man wieder Vertrauen aufbaut."

Bekenntnis zur Demokratie verlangt

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Montag und Dienstag mehrfach betont, am Anfang der Gespräche mit den Freien Wählern müsse die Klärung grundsätzlicher Fragen stehen - und ein Bekenntnis des Koalitionspartners zur Demokratie. Seit dem Auftritt von Hubert Aiwanger bei der Erdinger Heizungsdemo ("Demokratie zurückholen") hätten sich die Freien Wähler Stück für Stück verändert. Daher stelle sich die Frage, "wo der Standort und der Standpunkt der Freien Wähler nach dieser Wahl ist". Darüber hinaus streuten CSU-Politiker Zweifel an der Kompetenz der Freie-Wähler-Minister.

Die Freien Wähler konterten die CSU-Kritik mit deutlichen Worten. Jeder solle vor der eigenen Türe kehren, mahnte Aiwanger, "auch bezüglich der Frage, wie man zum Thema Demokratie steht". Die Freien Wähler seien fest in der Mitte verankert, während die CSU je nach politischer Wetterlage "wankelmütig" sei. Zudem beklagte er Demütigungen durch den Koalitionspartner, beispielsweise durch öffentliche Aussagen zu seinem Impfstatus in der Corona-Zeit.

CSU und Freie Wähler wollen sich von AfD abgrenzen

Am Anfang des neuen Koalitionsvertrags soll Holetschek zufolge eine Präambel zur Demokratie stehen: Beide Parteien seien sich einig, "dass unsere Demokratie unter Feuer steht - was die AfD anbelangt". Daher wolle man klar formulieren, "dass wir dort nichts zulassen werden, dass wir uns ganz klar abgrenzen und dagegenhalten und die Demokratie gegen die Feinde auch verteidigen".

Bei der bayerischen Landtagswahl am Sonntag hatte die AfD von allen Parteien am stärksten zugelegt und wurde mit 14,6 Prozent drittstärkste Kraft hinter der CSU (37,0 Prozent) und den Freien Wählern (15,8 Prozent). Damit ist die AfD stärkste Oppositionspartei im Freistaat, wenngleich ihre neue Landtagsfraktion mit 32 Abgeordneten genauso viele hat wie die Grünen.

Ministerpräsident wird am 31. Oktober gewählt

Formal beschlossen haben beide Seiten in der Sondierungsrunde laut Holetschek, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. "Wir werden jetzt sehr, sehr schnell in einen Arbeitsmodus übergehen." Von Freitag an werde über inhaltliche Themen verhandelt. Am 30. Oktober werde der Landtag sein Präsidium wählen, einen Tag später den Ministerpräsidenten. Am 8. November werde nach jetzigem Stand dann das neue Kabinett vorgestellt und vereidigt. Aber zunächst gehe es erst mal um Inhalte und nicht um Posten.

Seit Montag hatten Spitzenvertreter beider Parteien öffentlich darüber gestritten, wie viele Ministerien den erstarkten Freien Wählern in einem neuen Kabinett zustehen würden. Während die Freien Wähler angesichts ihrer Zugewinne einen vierten Ministerposten beanspruchen, hieß es aus der CSU, es gebe hier keinen Handlungsbedarf.

Streibl betont "gemeinsamen Erfolg"

FW-Fraktionschef Streibl ist nach dem Sondierungsgespräch bemüht, Verbindendes in den Blickpunkt zu rücken: CSU und Freie Wähler hätten in "schwierigsten Zeiten" viel für Bayern geleistet. Dieser gemeinsame Erfolg der Regierung habe sich im Wahlergebnis niedergeschlagen. Die Menschen im Freistaat wollten die Fortführung der Koalition: "Und wir sind dazu bereit."

Nun werde man in großer Geschwindigkeit Koalitionsverhandlungen aufnehmen, verspricht der Fraktionsvorsitzende. Man sei zuversichtlich, erneut innerhalb kurzer Zeit einen guten Vertrag auszuarbeiten. "Die Zukunft für Bayern ist mit dieser Koalition, die jetzt ihren Anfang wieder nimmt, gesichert", sagt Streibl.

"Wir wollen das ohne Fragen"

Gerade einmal vier Minuten dauern die Statements der beiden Fraktionschefs. Nachfragen können die zahlreichen Journalisten vor Ort keine stellen. "Wir wollen das ohne Fragen", sagt Holetschek. "Wir haben ein Statement abgegeben - und ich glaube, es klar geworden, dass wir eine Präambel machen." Alles andere sei intern besprochen worden. "Und wir gehen jetzt an die Arbeit."

So bleibt offen, wie harmonisch das Miteinander von CSU und Freien Wählern nach diesem ersten Treffen nach der Landtagswahl wirklich ist. Es gibt auch kein Foto vom Aufeinandertreffen oder einem möglichen Händedruck von Söder und Aiwanger. Im Weiße-Rose-Saal des Landtags saßen Vertreter beider Parteien in langen Reihen gegenüber - mit viel Platz dazwischen.

Söder und Aiwanger schweigen

Nach dem Gespräch eilen Söder und Aiwanger jeweils im Kreis ihrer Delegationen an den wartenden Journalisten vorbei. "Die Fraktionsvorsitzenden informieren", sagt der CSU-Chef lediglich. Die oberbayerische CSU-Bezirksvorsitzende Ilse Aigner versichert: "Alles gut."

Aiwanger sagt nach den Sondierungen nichts. Dafür blieb er bei seiner Ankunft vor der Sondierung kurz vor der BR-Kamera stehen. "Wir sind inhaltlich aufmunitioniert. Wir wären schon bereit, dass wir heute schon zum Abschluss kämen", sagte der Vize-Ministerpräsident bei BR24live und erntete gelöstes Lachen seiner Delegation. Wie viele Ministerien es am Ende für die Freien Wähler werden? "Schauen wir mal."

Das BR24live zum Start der Sondierungsrunde zum Nachschauen:

ARCHIV - 14.03.2023, Bayern, München: Hubert Aiwanger (l, Freie Wähler), Stellvertretender Ministerpräsident und bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landentwicklung und Energie, und Markus Söder (r, CSU), Ministerpräsident von Bayern, nehmen nach einer Sitzung des bayerischen Kabinetts an einer abschließenden Pressekonferenz teil. Wird vor der Bayern-Wahl die Stimmung populistischer? (zu dpa «Populismus made in Bavaria - Wahlkampf in Zeiten von Stimmungsmache») Foto: Peter Kneffel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Söder gibt Pressekonferenz

BR-Reporterin Eva Eichmann
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BR-Reporterin Eva Eichmann

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